Anhebung der Betriebsausgabenpauschale für Kindertagespflegepersonen ab 2023
Die neue Anweisung ersetzt das Vorgängerschreiben aus dem Jahre 2016 und ist erstmalig im Veranlagungszeitraum 2023 anzuwenden.
I. Definition der Kindertagespflege
Bei der Kindertagespflege nach § 22 Sozialgesetzbuch VIII (SGB VIII) wird von einer Kindertagespflegeperson ein einer Kindertagesstätte ähnliches Angebot im familiären Rahmen geboten.
II. Einkunftsart
1. Selbständige Kindertagespflegeperson
Wird die Kindertagespflege im Haushalt der Kindertagespflegeperson, der Personensorgeberechtigten (z. B. Eltern) des Kindes oder in anderen geeigneten Räumen (z. B. in für die Durchführung der Kindertagespflege extra angemieteten Räumen außerhalb der Wohnung der Kindertagespflegeperson) vorgenommen und betreut die Kindertagespflegeperson Kinder verschiedener Personensorgeberechtigter eigenverantwortlich, handelt es sich um eine selbständige erzieherische Tätigkeit i. S. v. § 18 Absatz 1 Nummer 1 Einkommensteuergesetz (EStG).
2. Nichtselbständige Kindertagespflegeperson
Betreut die Kindertagespflegeperson ein Kind oder mehrere Kinder in dessen/deren Familie nach Weisungen der Personensorgeberechtigten, ist sie in der Regel Arbeitnehmer.
Die Personensorgeberechtigten sind die Arbeitgeber. In diesem Fall erzielt die Kindertagespflegeperson Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit i. S. v. § 19 EStG. Von den Einnahmen aus der Tätigkeit als Kindertagespflegeperson können die tatsächlich angefallenen Werbungskosten (§ 9 Absatz 1 EStG) oder alternativ der Arbeitnehmerpauschbetrag (§ 9a Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a EStG) von 1.230 € abgezogen werden.
Hinweis: Bis zum Veranlagungszeitraum 2021 betrug der Arbeitnehmerpauschbetrag, der bei aktiv Beschäftigten mit Einkünften aus einer nichtselbständigen Tätigkeit ohne Nachweis von Werbungskosten pauschal gewährt wird, 1.000 €. Mit dem Steuerentlastungsgesetz 2022 ist er rückwirkend zum 1.1.2022 um 200 € auf 1.200 € angehoben worden (bei Empfängern von Versorgungsbezügen erkennt das Finanzamt allerdings weiterhin nur 102 € an). Mit dem Jahressteuergesetz 2022 ist der Arbeitnehmerpauschbetrag ab 2023 dann noch einmal minimal auf 1.230 € erhöht worden.
III. Ermittlung des Gewinns bei einer selbständigen Kindertagespflegeperson
1. Einnahmen
Nach § 23 SGB VIII erhält die Kindertagespflegeperson eine laufende Geldleistung, die neben der Erstattung des Sachaufwands die Förderungsleistung der Kindertagespflegeperson anerkennen soll. Diese Geldleistung ist als steuerpflichtige Einnahme aus freiberuflicher Tätigkeit im Sinne des § 18 Absatz 1 Nummer 1 EStG zu qualifizieren. Dies gilt unabhängig von der Anzahl der betreuten Kinder und von der Herkunft der vereinnahmten Mittel. Die Steuerbefreiungen nach § 3 Nummer 11 und 26 EStG sind nicht anwendbar.
Tipp: Die vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe geleisteten Erstattungen für Beiträge zu einer Unfallversicherung, die Erstattungen zu einer angemessenen Alterssicherung und zu einer angemessenen Kranken- und Pflegeversicherung nach § 23 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 und 4 SGB VIII sind nach § 3 Nummer 9 EStG steuerfrei.
2. Abzug der tatsächlichen Betriebsausgaben
Von den steuerpflichtigen Einnahmen (vgl. III.1) sind die tatsächlich angefallenen und nachgewiesenen Betriebsausgaben abzuziehen.
Zu den Betriebsausgaben einer Kindertagespflegeperson gehören zum Beispiel folgende tätigkeitsbezogene Aufwendungen für
- Nahrungsmittel,
- Ausstattungsgegenstände (Mobiliar),
- Beschäftigungsmaterialien,
- Fachliteratur,
- Hygieneartikel,
- Miete und Betriebskosten der zur Kinderbetreuung genutzten Räumlichkeiten,
- Kommunikationskosten,
- Weiterbildungskosten,
- Beiträge für Versicherungen, soweit unmittelbar mit der Tätigkeit im Zusammenhang stehend,
- Fahrtkosten,
Keine Betriebsausgaben sind die von der Kindertagespflegeperson gezahlten Beiträge zur Alterssicherung, Unfallversicherung und zu einer angemessenen Kranken- und Pflegeversicherung.
3. Betriebsausgabenpauschalen
a) Betriebsausgabenpauschale für betreute Kinder
Bei der Ermittlung der Einkünfte aus der Tätigkeit als Kindertagespflegeperson wird aus Vereinfachungsgründen zugelassen, dass anstelle der tatsächlichen Betriebsausgaben von den erzielten Einnahmen 400 € je Kind und Monat (bis 2022: 300 €) pauschal als Betriebsausgaben abgezogen werden. Der Betriebsausgabenpauschale liegt eine wöchentliche Betreuungszeit von 40 Stunden zugrunde. Weicht die tatsächlich vereinbarte Betreuungszeit hiervon ab, ist die Betriebsausgabenpauschale zeitanteilig nach der nachfolgenden Formel zu kürzen:
400 € x vereinbarte wöchentliche Betreuungszeit (max. 40 Stunden)
(8 Stunden x 5 Tage =) 40 Stunden
Bei tageweiser Belegung von sog. Freihalteplätzen (vgl. Ausführungen unter b) ist die ggf. nach der obigen Formel gekürzte Betriebsausgabenpauschale von 400 €/Monat/Kind zeitanteilig (Zahl der belegten Tage/pauschal 20 Arbeitstagen im Monat) zu gewähren.
Für Zeiten, in denen die Kindertagespflegeperson verhindert ist, die vereinbarten Betreuungszeiten selbst zu absolvieren (z. B. aufgrund von Urlaub, Krankheit oder Fortbildung), kann die Betriebsausgabenpauschale nur dann abgezogen werden, wenn das Betreuungsgeld für diese Zeit weitergezahlt wird.
Tipp: Die Betriebsausgabenpauschale kann auch dann abgezogen werden, wenn die Kindertagespflegestätte aufgrund von Maßnahmen nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) geschlossen wurde und die Kindertagespflegeperson in der Schließzeit keine Geldleistungen mehr erhält.
Hat die Kindertagespflegeperson Leistungen nach § 56 Absatz 1 bis 4 IfSG erhalten, sind weder die Betriebsausgabenpauschale noch die tatsächlichen Betriebsausgaben nach § 3c Absatz 1 EStG zu kürzen.
b) Betriebsausgabenpauschale für Freihalteplätze
Werden der Kindertagespflegeperson nach § 23 SGB VIII laufende Geldleistungen für sog. Freihalteplätze gezahlt, die im Fall einer Krankheits-, Urlaubs- oder Fortbildungsvertretung einer anderen Kindertagespflegeperson kurzfristig belegt werden können, wird bei der Ermittlung der Einkünfte aus selbständiger Arbeit aus Vereinfachungsgründen zugelassen, dass anstelle der tatsächlichen Betriebsausgaben von den für den Freihalteplatz gezahlten Einnahmen 50 € je Freihalteplatz und Monat (bis 2022: 40 €) pauschal als Betriebsausgaben abgezogen werden. Bei Belegung der Freihalteplätze ist die Betriebsausgabenpauschale zeitanteilig (Verhältnis der Tage der Belegung des Freihalteplatzes im Monat zu pauschal 20 Arbeitstagen im Monat) zu kürzen.
c) Voraussetzungen für den Abzug der Betriebsausgabenpauschale
Findet die Betreuung im Haushalt der Personensorgeberechtigten oder in unentgeltlich zur Verfügung gestellten Räumlichkeiten als selbständige Tätigkeit statt, können die Betriebsausgabenpauschalen nicht abgezogen werden. In diesen Fällen ist nur der Abzug der tatsächlichen Betriebsausgaben möglich.
Die Betriebsausgabenpauschalen dürfen nur bis zur Höhe der Betriebseinnahmen abgezogen werden.
Es können entweder die Betriebsausgabenpauschalen in Anspruch genommen oder die tatsächlichen Betriebsausgaben abgezogen werden. Neben den Betriebsausgabenpauschalen ist ein zusätzlicher Abzug tatsächlicher Betriebsausgaben nicht zulässig.
Stand: 14.05.2023