Umsatzsteuerliche und weitere Neuerungen durch das Jahressteuergesetz 2022 (Teil 2)
I. Körperschaftsteuer
- Ergänzung der gesetzlichen Regelungen zur Einlagelösung bei der Körperschaftsteuer. So wird die bisherige Verwaltungsauffassung festgeschrieben, dass durch die Minderung des Beteiligungsbuchwerts in Folge einer Einlagenrückgewähr kein negativer Buchwert entstehen darf. Soweit die Einlagenrückgewähr die Summe aus Buchwert und Einlage übersteigt, ergibt sich stattdessen ein veräußerungsähnlicher Ertrag.
- Erweiterung des persönlichen Anwendungsbereichs ab dem 1.1.2023 bei der Einlagenrückgewähr mit Einbeziehung von Drittstaaten- und EWR-Kapitalgesellschaften. Dementsprechend kann eine Einlagenrückgewähr auch von Körperschaften und Personenvereinigungen erbracht werden, die nicht der unbeschränkten Steuerpflicht unterliegen.
II. Umsatzsteuer
- Einführung eines Nullsteuersatzes mit Vorsteuerabzug bei der Umsatzsteuer für die Lieferung, den innergemeinschaftlichen Erwerb, die Einfuhr und die Installation von Photovoltaikanlagen und Stromspeichern nach dem 31.12.2022.
Tipp: Da Photovoltaikanlagenbetreiber bei der Anschaffung der Anlage nicht mehr mit Umsatzsteuer belastet werden, müssen diese nicht mehr auf die Kleinunternehmerregelung verzichten, um sich die Vorsteuerbeträge erstatten zu lassen. Sie werden damit von Bürokratieaufwand entlastet
Der Tag der Bestellung der Anlage ist unerheblich. Voraussetzung ist eine Leistung an den Betreiber der Photovoltaikanlage. Die Anlage muss auf oder in der Nähe von Privatwohnungen sowie öffentlichen und anderen Gebäuden, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden, installiert sein.
Tipp: Aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung ist dies zu unterstellen, wenn die installierte Bruttoleistung der Photovoltaikanlage laut Marktstammdatenregister nicht mehr als 30 kWp beträgt. Der Nullsteuersatz gilt jedoch nicht für Vermietungen, so dass viele praxisrelevante Fälle weiterhin außen vor bleiben.
- Schaffung einer nationalen Vorschrift zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2020/284 des Rates vom 18.2.2020 zur Änderung der EU-Richtlinie 2006/112/EG (Einführung bestimmter Anforderungen für Zahlungsdienstleister). Zahlungsdienstleister sind danach ab 2024 verpflichtet, über bestimmte grenzüberschreitende Zahlungen zu informieren. So soll der Umsatzsteuerbetrug, insbesondere im Bereich des grenzüberschreitenden elektronischen Geschäftsverkehrs, besser bekämpft werden. Die Meldungen werden in ein zentrales elektronisches Zahlungsinformationssystem (Central Electronic System of Payment Information, kurz CESOP) eingepflegt, das von der EU-Kommission entwickelt und technisch verwaltet wird.
Tipp: Erkennt ein Zahlungsdienstleiser nachträglich, dass die übermittelten Zahlungsinformationen unrichtig oder unvollständig sind, muss eine Korrektur der Daten innerhalb eines Monats nach Kenntnisnahme erfolgen. Verstöße gegen die Mitteilungspflichten können mit einem Bußgeld von bis zu 5.000 € geahndet werden.
- Umsetzung der gesetzlichen Verpflichtung von Bund und Ländern nach dem Gesetz zur Verbesserung des Onlinezugangs zu Verwaltungsleistungen (Onlinezugangsgesetz - OZG) für den Bereich der Umsatzsteuer, Verwaltungsleistungen auch elektronisch über Verwaltungsportale anzubieten.
- Die sog. Fahrzeugeinzelbesteuerung ist ab 2023 auch elektronisch möglich.
- Abschaffung der allgemeinen Vorsteuer-Durchschnittssätze für bestimmte Berufs- und Gewerbezweige ab 2023.
- Klarstellung, dass Bruchteilsgemeinschaften als nicht (zivil-)rechtsfähige Zusammenschlüsse (z. B auch ungeteilte Erbengemeinschaften) eigenständig als Unternehmer nach § 2 UStG behandelt werden können. In § 2 Abs. 1 S. 1 heißt es nunmehr: „Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt, unabhängig davon, ob er nach anderen Vorschriften rechtsfähig ist“.
- Verlängerung der Frist für juristische Personen des öffentlichen Rechts (jPöR) zum Übergang aus der bisherigen Regelung des § 2 Abs. 3 UStG in die Neuregelung des § 2b UStG bis zum 31.12.2024.
- Ausweitung der Ist-Versteuerung auf juristische Personen des öffentlichen Rechts.
- Voraussetzungen für steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung gelten ab 2023 unabhängig von der Frist für die Abgabe einer Zusammenfassenden Meldung (ZM).
Tipp: Es reicht demnach für die Steuerbefreiung aus, wenn der Unternehmer innerhalb der Festsetzungsfrist eine korrigierte ZM oder eine erstmalige ZM vollständig und richtig abgibt.
III. Grunderwerbsteuer
- Anpassungen bei der Option von Personengesellschaften zur Körperschaftsbesteuerung (Grundstücksübergang von einer Gesamthand auf eine Gesamthand).
- Kollisionsregelung zur Vermeidung von Doppelbesteuerung.
IV. Bewertung
- Änderung der gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Bewertung von Grundbesitz für Erbschaft- und Schenkungsteuer sowie die Grunderwerbsteuer. Anpassung an die Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) vom 14.7.2021. Dies gilt grds. für Bewertungsstichtage nach dem 31.12.2022.
Tipp: Bei der Übertragung von Ein- und Zweifamilienhäusern sowie Eigentumswohnungen kann es zu einem erheblichen Anstieg der Schenkung- und Erbschaftsteuer kommen, wenn im Einzelfall das Sachwertverfahren einschlägig ist. Auch bei Mehrfamilienhäusern, bei denen regelmäßig auf den Ertragswert statt auf den Sachwert abgestellt wird, ist eine Steuererhöhung zu erwarten.
- Angleichung der Definition einer Wohnung im Bewertungsrecht an den Wohnungsbegriff bei der Grundsteuer. Die Mindest-Wohnfläche wird von bisher 23 qm auf 20 qm abgesenkt.
- Neuregelung der Bewertung baulicher Außenanlagen im Sachwertverfahren.
- Neugestaltung der Bewertung von Erbbaurechten und Erbbaugrundstücken. Analoge Bewertung von Gebäuden auf fremdem Grund und Boden.
- Verpflichtung zur elektronischen Übermittlung für Feststellungserklärungen.
V. Übergewinnsteuer
- Einführung einer Übergewinnsteuer für Energieunternehmen. Sog. Zufallsgewinne sollen besteuert werden (Umsetzung der EU-Verordnung zur Einführung eines Energiekrisenbeitrags). Konkret werden in den Wirtschaftsjahren 2022 und 2023 entstandene Gewinne von Unternehmen der Erdöl-, Erdgas-, Kohle- und Raffineriewirtschaft, die im Vergleich zu den Vorjahren (2018 bis 2021) den Durchschnittsgewinn um 20 % übersteigen, mit 33 % besteuert. Die zusätzlichen Steuereinnahmen sollen zwischen 1 und 3 Mrd. € betragen und zur Finanzierung der Strompreisbremse beitragen.
VI. Sonstiges
- Lohnsteuerhilfevereine dürfen ihre Mitglieder künftig bei der Einkommensteuer auch dann beraten, wenn diese Photovoltaikanlagen mit einer installierten Leistung von bis zu 30 kWp steuerfrei betreiben.
- Vorbereitung eines direkten Auszahlungswegs für künftige öffentliche Leistungen unter Nutzung der steuerlichen Identifikationsnummer (IdNr). Künftig ist es danach möglich, öffentliche Leistungen (wie z. B. das Klimageld) auf Grundlage der in der IdNr-Datenbank enthaltenen Daten direkt an die Bürger auszuzahlen. Dazu soll die Kontoverbindung (IBAN) aller in Deutschland gemeldeten Bürger gespeichert werden. Diese unterliegt dabei einer engen Zweckbindung.
- Beendigung der Sonderzuständigkeit der Familienkassen des öffentlichen Dienstes für das Kindergeld im Bereich des Bundes zum 28.2.2023.
- Weiterer Ausschluss der Zugehörigkeit zur Industrie- und Handelskammer (IHK) von Betreibern von kleiner Photovoltaikanlagen.
- Elektronische Abgabe des Antrags auf Steuervergütung für Leistungsbezüge zur Verwendung zu humanitären, karikativen oder erzieherischen Zwecken im Drittlandsgebiet.
- Einheitliche Stundungsregelung für Altfälle im Bereich der Wegzugsbesteuerung.
- Erweiterung des Investitionsrahmens für Spezial-Investmentfonds.
- Anpassung der gewerbesteuerlichen Behandlung von Sanierungsgewinnen bei Mitunternehmerschaften.
- Möglichkeit der Offenbarung von dem Steuergeheimnis unterliegenden Daten im Zusammenhang mit der Durchführung eines Strafverfahrens.
- Anpassungen im Bereich der Zahlungsverjährung.
Stand: 24.02.2023